February, 2015

NORDWESTDEUTSCHE PHILHARMONIE - Debut Concert
“Musizieren vom Feinsten
Nordwestdeutsche Philharmonie brilliert unter seinem neuen Chef Yves Abel NORDWESTDEUTSCHE PHILHARMONIE
Gütersloh. Ein musikalischer Einstand, der das Herz eines wahren Musikliebhabers höher schlagen lässt: Der Kanadier Yves Abel, seit sechs Wochen Chefdirigent der Nordwestdeutschen Philharmonie, verfügt trotz des jungen Alters über eine beachtliche berufliche Erfahrung, er dirigierte bereits in den großen Opernhäusern von Berlin, Wien, London, oder New York, wo schon Anna Netrebko oder Thomas Hampson unter seinem Dirigat auftraten. Vom "sensiblen Orchesterklang" schwärmen die Kritiker, von seinem handwerklichen und gestalterischen Können ebenso.
Ein luxuriöses Konzertprogramm bot Abel an, mit zwei Orchesterwerken der im Abstand von zwei Jahren geborenen Komponisten Franz Liszt und Richard Wagner, die sich als Schwiegervater und Schwiegersohn auch familiär nahe standen. Der liebsten, frisch angetrauten Frau Cosima, der unehelichen Tochter Liszts, widmete der 57-jährige Wagner aus Anlass ihres 33. Geburtstags das Ständchen "Siegfried-Idyll". Eine Pastellmalerei aus einer von politischen und persönlichen Dramen verschonten Zeit, die Wagner in einem Landhaus in Tribschen am Vierwaldstättersee See verbrachte. Nach der Geburt seines Sohnes Siegfried knüpfte er an musikalische Elemente seiner gleichnamigen Oper an und versah das Stück mit Reminiszenzen an die familiären Begebenheiten.
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Die NWD Philharmonie wirkte unter dem milden Dirigat von Yves Abel meist wie ein delikates Kammerorchester, das nur mit wenigen ausgiebigeren Steigerungen die romantischen Schwärmereien heraufbeschwor. Ein dezentes, sublimes Musizieren vom Feinsten.
"Nur rastlos betätigt sich der Mann" sagt Faust bei Goethe, was auch den energiegeladenen Yves Abel beim Dirigieren der großen "Faust"-Sinfonie von Franz Liszt durchaus auszeichnete. Weit über das damals Geläufige ging das einstündige Werk, in Gütersloh rein instrumental präsentiert (es gibt auch die Version mit Männerchor und Tenor), und bleibt bis heute, mit scharfen Charakterstudien der Goethe-Protagonisten Faust, Gretchen und Mephistopheles in drei Sätzen, eher ein Geheimtipp für Kenner.
Mit fünf Themen wird das Innenleben von Faust dargestellt: Bratschen und Celli zeichnen seine Zweifel, die Violinen spiegeln seine Wut und den Schmerz wieder, in kurzen Ausrufen der Hörner und Klarinetten äußert sich die Sehnsucht, während die Trompeten seinen Mut und die Kraft ins Bewusstsein rufen. Die Motive sind kunstvoll verknüpft.
Der Zuhörer konnte nur staunen, wie der Dirigent sie stets spannungsgeladen ausarbeitete, sich dabei in der komplizierten Materie selbst wohl fühlte und das Orchester zum perfekten Miteinander und zu virtuosen solistischen Einsätzen animierte. Ein mit Unschuld skizzierter Gretchen-Satz und das groteske Finale, in dem der Teufel als "der Geist, der stets verneint" musikalisch karikiert wurde, komplettierten den bravourösen Auftritt der NWD Philharmonie und ihres neuen charismatischen Chefs.”
Eugenie Kusch, Neue Westfälische, February 17, 2015

“Bad Oeynhausen. Sein Einstand in Bad Oeynhausen war ein überwältigender Erfolg. Denn Yves Abel, der neue Chefdirigent der Nordwestdeutschen Philharmonie überzeugte das Konzertpublikum im Theater im Park nicht nur mit einer ungewöhnlichen Programmauswahl, sondern auch mit einem grandiosen Spiel. Mehrmals mussten sich der in Kanada geborene Dirigent und die Musiker im Anschluss dem Applaus des Publikums stellen. 
Mit Richard Wagners "Siegfried-Idyll" und der "Faust-Sinfonie" in drei Charakterbildern nach Johann Wolfgang von Goethe haben die Herforder zwei sinfonische Raritäten ausgewählt, die selten zu hören sind. Den Auftakt beim Konzert im Theater im Park macht Wagner, für den nur eine kleine Besetzung des Orchesters auf der Bühne erschien. Denn das Siegfried-Idyll hatte der Komponist seiner Frau zum 33. Geburtstag komponiert und das Stück wurde erstmals im Treppenhaus des Ehepaares aufgeführt. Frei nach dem Motto, was Siegfried und Brünnhilde in Wagners Oper können, gilt auch für Richard und Cosima.
Mit großen Fingerspitzengefühl entfaltet das Orchester mit wunderschön verklärten Klangfarben der Streicher die träumerische Musik, die sich luftig in den Zuschauerraum ergießt. Nicht nur der erste Akt der Siegfried-Oper hat hier Pate gestanden, sondern auch ein 1868 komponiertes Wiegenlied. Für einen der Konzertgäste schien gerade dieses Wiegenlied besondere Anziehungskraft auszuüben, denn er stimmte in das fein abgestimmte Spiel des Orchesters mit akzentuiert gesetzten und durchaus selbstbewussten Geräuschen seines entspannten Schlafes ein. Davon unabhängig wurden die mitgerissenen Gäste nach dem Idyll in die Pause entlassen, um sich im Anschluss von der Faust-Sinfonie verwöhnen zu lassen. Das geräumige, 70 Minuten währende Tongemälde geriet in der Interpretation Yves Abel zu einer beeindruckenden Charakterstudie - die Ruhelosigkeit Fausts, die zarte Liebesmusik zu Gretchen und die Expressivität Mephistos gerieten in ihrer musikalischen Dramatik zu einer gigantischen Steigerungswelle.  Bewährt hat sich dabei auch die Entscheidung für die Urfassung der Sinfonie, das dreisätzige Stück ohne den später durch Lizt hinzugefügten Schlusschor mit Tenorsolo zu spielen. Die orchestrale Erstfassung überzeugte auf ganzer Linie. “
Elke Niedringhaus-Haasper, Neue Westfälische, February 23, 2015